Piaggio Bravo
Vom Kunststofftank zum luxuriösen Crossmodell
Eine der bedeutendsten Mofaschmieden Europas
Dabei fing alles ganz anders an und niemand hätte auch nur im Traum daran gedacht, dass Italiens Zweirad-Primus einmal zu einem der grössten Mofahersteller Europas aufsteigen würde. Nach dem Krieg setzte Enrico, der Sohn des Firmengründers Rinaldo Piaggio, auf motorisierte Zweiräder; einem probaten Verkehrsmittel in jenen Tagen, da viele Strassen noch beschädigt waren. Es galt, Bombentrichtern und Schuttbergen auszuweichen. 1946 lancierte die Marke seine „Wespe“, den Vespa-Roller. Schon 1948 folgte ein dreirädriges Rollermobil, das für den Transport kleinerer Lasten gedacht war, die „Biene“, italienisch Ape. Doch dabei sollte es nicht bleiben.
Bravissimo – Ein Töffli erntet Applaus
Bei Piaggio ruhte man sich nicht auf den Lorbeeren aus, Enrico war ein unruhiger, umtriebiger Geist. Ständig arbeitete er daran, das Portfolio zu erweitern. So kam es ausgerechnet im Protestjahr 1968 zum Ausbruch einer anderen Revolution. Die Italiener präsentierten eine völlig neue Interpretation des Töfflis: Das Ciao-Mofa. Die Töfflibuebe und Töfflimeitli waren sofort von diesem Modell begeistert. Doch das Ciao-Töffli war noch nicht das Ende der Fahnenstange. Im Jahr 1973 folgte der Bravo-Hobel.
Die erste Serie konnte mit ihrer übersichtlichen Modellpalette punkten. Zunächst gab es drei Ausführungen. Man hatte die Wahl zwischen den Varianten A, L und LS. Charakteristisch für diese erste Serie war der Kunststofftank. Das Modell A war das, was man scherzhaft „Hämorrhoiden-Schleuder“ nennt, denn weder vorne noch hinten war dieser Hobel gefedert. So geriet die Fahrt abseits asphaltierter Strassen zu einem echten Härtetest. Deutlich kommoder kam man mit der L-Variante voran, denn hier war immerhin das Vorderrad gefedert. Doch der Inbegriff des Luxus stellte das Top-Modell LS dar, das sowohl vorne wie auch hinten gefedert war. Um diesen Exklusivitäts-Anspruch zu unterstreichen, gab es die LS-Variante nur in Rot mit blau lackierten Verkleidungen.
Die zweite Serie
Das Jahr 1976 stand im Zeichen der Begrüssung und des Abschiedes. Die Mannen aus Pontedera stellten die zweite Serie vor. Dabei verabschiedete man sich vom Kunststofftank und der allzu spartanischen A-Variante. Aber nicht nur das Material änderte sich beim Tank. Das nun aus Metall gefertigte Teil bekam eine überarbeitete Form. Ausserdem konnten die Modelle nun auch in verschiedenen Farben erworben werden. Auf das Sparbrötchen mit der Bezeichnung A verzichtete man. Stattdessen beschränkte sich die italienische Töfflischmiede auf zwei Versionen: S und SC. Der Unterschied bestand vor allem in der Federung. Während die Variante S nur vorne gefedert ist, verfügt das Modell SC über eine Federung vorne und hinten. Weitere Unterschiede: Das Modell S hatte lackierte Schutzbleche und rollte in der Standardvariante auf Chromfelgen über die Strassen. Das SC-Töffli hingegen hatte Aluguss-Felgen, die in zwei Ausführungen erhältlich waren.
Die dritte und vierte Serie: Mehr Komfort und neues Design
Mit der dritten Serie des Piaggio–Bravo-Töfflis setzte man noch mal ordentlich einen drauf. Das Mofa erhielt eine völlig neue Verkleidung, wirkte dadurch kräftiger und bulliger. Auch am Tank legte man erneut Hand an und verpasste ihm ein neues Design. Vor allem aber in Sachen Komfort tat sich etwas: Das Töffli bekam eine Öldruckfederung. Das Top-Töffli der dritten Serie, die Variante PX, verfügte vorne und hinten über eine Federung und einen Tacho. Luxus pur in jenen Tagen.
Beinahe zeitgleich mit der dritten Serie wurde auch die Vierte vorgestellt. Und diese Serie bot ein echtes Highlight: das Modell Super Bravo. Das sportlich ambitionierte Cross-Mofa hob sich deutlich vom Design der anderen Modelle ab. Heute ist das Piaggio–Super–Bravo-Töffli längst Kult. Aber bereits damals war das Zweirad sehr beliebt. Charakteristische Merkmale waren die dicken Stollenreifen, die Telegabel und die Stossdämpfer.
Der Motor, ein alter Bekannter
Warum soll man Gutes zwanghaft ändern wollen? Das fragte man sich auch in der Toskana und beschloss, den Motor, der sich schon im Ciao-Töffli bewährt hatte, auch im Piaggio–Bravo-Mofa zu verbauen. Die Änderungen gegenüber dem Ciao–Hödi oder anderen Töfflis war nicht nennenswert.
Technische Daten des Motors dieses Cross-Mofas:
48 cm³ Hubraum
38,2 x 43 mm Bohrung x Hub
Verdichtung 1:9
1 KW bei 4.000 U/min Leistung
2,6 Nm bei 3.000 U/min max. Drehmoment
Vergaser Dell’Orto Typ SHA 12.10
Elektrische Anlage 6 Volt
Leergewicht 52 Kilogramm
Zulässiges Gesamtgewicht 150 Kilogramm
Soweit also die technischen Daten vom Motor des Piaggio–Super–Bravo-Mofas. Das Gute daran: Es gibt jede Menge Ersatzteile für den Hobel. Ob nun für den Motor oder das Fahrgestell – wegen der Versorgung mit Ersatzteilen muss man sich kaum Sorgen machen. Aber auch Töfflibuebe und Töfflimeitli, die ihren Hödi aufpimpen möchten und sich mit dem Thema Tuning befassen, können sorglos aus dem Vollen schöpfen. Besonders dieses Mofa schreit ja förmlich nach einer ordentlichen Leistungsspritze. Denn bei allem Luxus, am Ende des Tages ist das Piaggio–Super–Bravo-Töffli ein Cross-Modell, das für den sportlichen Einsatz im Gelände erdacht wurde.
Trotz überschaubarer Modellvielfalt für jeden etwas
Auch wenn das Typenprogramm dieses Töfflis überschaubar ist, für jeden war und ist etwas dabei. Ob nun das spartanische Modell A der ersten Serie oder der Super–Bravo-Hobel der vierten Serie, bei den Italienern wurde jeder fündig. Vielleicht ist dies ja auch ein Grund, warum der Hobel bis heute so beliebt ist.
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Piaggio Ape : @Kolling Wikipedia.de CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/
Piaggio Bravo PV : © 櫻井貫大 Wikipedia.jp https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/
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