PONY
Die Mofas aus Feuerthalen mit dem Emblem des quicklebendigen Pferdchens gehören seit den 1960er-Jahren zum typischen Schweizer Strassenbild. Auch, wenn die Zweiräder in den letzten Jahren etwas seltener geworden sind, Pony-Mofas werden auch heute noch gebaut, während Puch, Piaggio und andere renommierte Hersteller die Produktion längst eingestellt haben. Diesen etwas anderen und aussergewöhnlichen Hersteller stellen wir dir genauer vor.
Sitz | |
Status | Aktiv |
Gründung | 1961 |
Swissness at its best
Schweizer Messer, Schweizer Uhren und Schweizer Werkzeuge stehen weltweit für eine einzigartige Qualität, höchste Präzision und unverwüstliche Beständigkeit. Besonders der letzte Punkt trifft auch auf den Schweizer Töffli-Hersteller Amsler & Co zu. Seit dem Jahr 1961 bis zum heutigen Tage baut man am Firmensitz in Feuerthalen in echter Manufakturarbeit Töfflis. Eine spezifische Unaufgeregtheit und beeindruckende Kontinuität spiegeln sich auch in der Modell-Palette wider. Die Töfflis, die unter der Marke Pony Motos verkauft werden, sind seit Anbeginn der Produktion lediglich in zwei Modell-Varianten erhältlich: dem Pony-Cross-Töffli und dem Pony-GTX-Mofa. Seit Produktionsstart werden diese Modelle in beinahe unveränderter Form gebaut. Doch bei aller Beschaulichkeit, der Töffli-Hersteller Amsler & Co verfügt über eine lange und ziemlich bewegte Firmengeschichte, die viel über eisernen Durchhaltewillen, Schweizer Ingenieurskunst und dem Kleinen, der sich gegen einen Grossen durchsetzt, erzählt.
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Firmengründung auf Umwegen
Der einstige Firmengründer Carl Theodor Amsler wird im Jahr 1825 als Sohn eines Arztes im eidgenössischen Schinznach geboren. Nach Abschluss der Schule wandert der junge Carl Theodor nach Amerika aus und gründet dort seine erste Firma, die optische und mathematische Instrumente herstellt. Sein Unternehmen ist erfolgreich und expandiert, es scheint als würde Carl Theodor Amsler den sprichwörtlichen American Dream erleben. Doch das Schicksal hält einen anderen Plan für ihn bereit und schlägt gnadenlos zu. Seine Fabrik in Philadelphia wird bei einem verheerenden Grossbrand vollständig zerstört, beim Versuch des Wiederaufbaus verliert Carl Theodor Amsler fast sein gesamtes Vermögen und kehrt beinahe mittellos in seine alte Heimat zurück. Doch auch wenn seine erste Fabrik ein Raub der Flammen wurde, sein Unternehmergeist und die sprichwörtliche Schweizer Zähigkeit war ungebrochen.
Neustart und Einstieg in das Geschäft mit Velos
So setzt er im Jahr 1865 zu einem neuen Versuch an und gründet am Standort der heutigen Töffli-Schmiede in Feuerthalen eine Fabrik für Feuerlöscher, aus Schaden wird man bekanntlich klug. Wieder laufen die Geschäfte gut. Deswegen beginnt man sich bei Amsler & Co nach neuen Geschäftsfeldern umzusehen und erweitert das Sortiment. So kommt es, dass man bereits ab dem Jahr 1890 bei Amsler auf zwei Rädern unterwegs ist, denn ab diesem Zeitpunkt steigt die Firma in das Geschäft mit Komponenten für Velos ein. Um das Jahr 1900 ergibt sich ein erster Kontakt zu einem deutschen Unternehmer, dessen Name sicher jedes Töfflimeitli und jeder Töfflibuebe kennt: Ernst Sachs. Die Verbindung zwischen Sachs und Amsler & Co, die hier ihren Anfang nahm, währte lange Jahre. Nicht umsonst wurden die Pony-Cross-Töffli und Pony-GTX-Mofa in den 1960er-Jahren werkseitig mit Sachs-503-Motoren ausgestattet. Doch dazu später mehr. Man verhandelte geschickt im Jahr 1903 und sicherte sich den Alleinvertrieb für die „Torpedo-Freilaufnabe“, einem Sachs-Patent, für die Schweiz. Diese Hinterradnabe war ein echter Verkaufsschlager und eine wahre Goldgrube für die Firma aus Feuerthalen. Als Folge dieser ersten Kooperation mit Sachs setzte man bei Amsler exklusiv auf die Produktion und den Vertrieb von Velo-Komponenten. Allerdings ist der geschäftliche Erfolg dem Unternehmen in den schwierigen 1930-er- und 1940er-Jahren nicht immer treu. In der Zeit bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges müssen auch die Schweizer Velo-Bauer harte Zeiten meistern. Doch dass Beständigkeit, Ausdauer und Zähigkeit bei der späteren Mofaschmiede zur DNA-gehören, ist bei dieser Firmengeschichte ja offensichtlich. So überstand das Unternehmen auch diese wirtschaftlich schwierigen Jahrzehnte.
Endlich werden Töfflis gebaut
Ab den 1950er-Jahren erreichte der Hersteller wieder ruhigeres Fahrwasser und prosperierte. Als das Töffli im Begriff war, seinen Siegeszug auf den Schweizer Strassen anzutreten, reagierte man beim künftigen Töffli-Hersteller blitzschnell. Kaum wurde im Jahr 1961 im Schweizer Strassenverkehrsrecht offiziell die Klasse des Motor-Fahrrades zugelassen, war man in Feuerthalen mit den Pony-Mofas ebenfalls am Start. Dieser frühe Zeitpunkt, zu welchem die Pony-Töfflis ins Rennen geschickt wurden, erwiesen sich als ein entscheidender Vorteil gegenüber der harten und eigentlich übermächtigen Konkurrenz ausländischer Mofa-Hersteller wie Piaggio, Puch oder Tomos. Der Schweizer Markt war während des einsetzenden Töffli-Booms in den 1960er-Jahren hart umkämpft, doch da die Pony-Mofas von Anfang an dabei waren, bildete sich schnell eine Stammkundschaft. Auch überzeugten die im Vergleich zu den Konkurrenzmodellen etwas einfacher ausgestatteten Pony-Cross- und Pony-GTX-Töfflis mit ihrer Robustheit und dem günstigen Preis.
Was steckt unter dem Pony-Sattel?
Die technischen Daten der beiden Modelle haben sich im Lauf der Jahre nur marginal verändert, schon die ersten Pony-Hödis wurden von einem gebläsegekühlten Einzylinder-Zweitakt-Motor mit 49 cm3 angetrieben, der 1,2 PS bzw. 0,88 kW leistet. Zunächst kamen bei Pony-Mofas Aggregate von Sachs zum Einsatz. Seit dem Ende der Kleinmotorenproduktion in Schweinfurt werden die Hödis serienmässig mit einem Motor der Firma Betamotor aus Italien ausgerüstet. Für das zündfähige Gemisch sorgte damals wie heute ein Dell'Orto SHA 13.11 Vergaser. Beide Modelle sind identisch motorisiert und unterscheiden sich in technischer Hinsicht nur durch wenige Kleinigkeiten wie Kettenrad oder Bereifung. Die kleinen, aber kraftvollen Rösser sind mittlerweile zwar nicht mehr ganz so günstig wie bei ihrer Markteinführung im Jahr 1961, aber dafür immer noch genauso robust, genügsam und liebenswert.
Die Ponys sind immer noch da!
Zwar konnten und kann man bei einer kleinen Mofaschmiede wie Amsler beim Bau der Hödis nicht vollständig auf Zulieferer aus dem Ausland verzichten, doch trotzdem stehen die Amsler-Mofas für die sprichwörtliche Schweizer Qualität. Bis heute werden keine billigen Teile aus Fernost verbaut. Der 503-Motor der Töfflis kam, wie bereits erwähnt, von Sachs aus Schweinfurt und zahlreiche Anbauteile sowie Tachometer stammten vom österreichischen Fahrzeughersteller KTM. Eine Zeitlang wurden die Cross- und GTX-Töfflis sogar komplett in den KTM-Werken in Österreich montiert. Doch mittlerweile findet die Montage der Zweiräder wieder komplett in Feuerthalen statt und viele der ehemaligen Kooperationspartner sind längst Geschichte oder haben die Mofasparte aufgegeben. Nur in Feuerthalen werden immer noch Mofas zusammengebaut. Der vermeintlich kleine Schweizer Mofa-Hersteller hat ganz offensichtlich den längeren Atem und hält ein wunderschönes Stück Schweizer Geschichte am Leben.
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